"Das Sogenannte Linksradikale Blasorchester war eine im Jahr 1976 gegründete, aus etwa zwanzig Musikern zusammengesetzte Musikkapelle aus Frankfurt am Main. Den Kern dieser Formation bildeten Heiner Goebbels und Alfred Harth, die auch unabhängig vom Sogenannten Linksradikalen Blasorchester zusammenarbeiteten und sich dauerhaft als Solokünstler etablieren konnten. Weitere durchgängige Mitglieder waren Rolf Riehm und Thomas Jahn. Der Schauspieler Ernst Stötzner ist auf dem ersten, die Publizistin Cora Stephan auf dem zweiten Album zu hören.
Der undogmatische Charakter des Sogenannten Linksradikalen Blasorchesters, das die Frankfurter Spontiszene begleitete, schlug sich auch auf die Musik nieder, so coverte das Orchester Frank Zappas I’m the slime als „Ich bin halt die Kotze aus deiner Glotze“. Generell setzte das Sogenannte Linksradikale Blasorchester nicht so sehr auf notengenaue Interpretationen, sondern erlaubte sich eine freie Herangehensweise. Das Orchester spielte 1980 auf dem Jazzfest Berlin (Berliner Jazztage) in der Philharmonie und löste sich 1981 auf.
Die beiden bei Trikont erschienenen Originalalben wurden 1999 vom selben Label auf einer Doppel-CD mit zwei Bonustracks wiederveröffentlicht.
Heiner Goebbels (* 17. August 1952 in Neustadt an der Weinstraße) ist ein deutscher Musiker, Komponist, Hörspielautor, Regisseur und Professor für Angewandte Theaterwissenschaft.
Goebbels studierte Soziologie und Musik in Freiburg im Breisgau und Frankfurt am Main, war Mitgründer des Sogenannten Linksradikalen Blasorchesters und spielte 1975 bis 1988 als Musiker im Duo Goebbels/Harth und von 1982 bis 1992 in der experimentellen Rockgruppe Cassiber. Er veröffentlichte ca. 20 CDs.
Nach zahlreichen Kompositionen für Theater und Film begann er Mitte der 1980er Jahre Hörstücke, meist nach Texten von Heiner Müller, zu komponieren. Seit Ende der 1980er Jahre folgten Kompositionen für Ensemble und szenische Konzerte, z. B. Der Mann im Fahrstuhl und Die Befreiung des Prometheus. Anfang der 1990er Jahre komponierte er Orchester- und Ensemblestücke für die Junge Deutsche Philharmonie, das Ensemble Modern, später für die Berliner Philharmoniker (2003) die London Sinfonietta und das Orchestra of the Age of Enlightenment und das Hilliard Ensemble. Er war Composer in Residence beim Lucerne Festival und bei den Bochumer Symphonikern.
Seit Mitte der 1990er Jahre liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit auf Musiktheater-Stücken, z. B. mit dem Ensemble Modern, die in einem Team von Dramaturgen, Bühnenbildnern, Lichtgestaltern, Kostümbildnern und Sounddesignern entwickelt werden und die weltweit zu vielen Theater- und Musik-Festivals eingeladen werden. In ihnen stehen Text, Bild, Musik, Licht, Bewegung und Szene in einem schwebenden, gleichwertigen Verhältnis.
Unter seinen Arbeiten finden sich auch Sound- und Videoinstallationen, z. B. „Timeios“ für das Centre Pompidou in Paris, „Genko An“ (Berlin 2008, Darmstadt 2012, Lyon 2014, Moskau 2017), „Stifters Dinge – The Unguided Tour“ (London 2012, Duisburg 2013), „Die Provinz des Menschen“ (Dresden 2016) und zahlreiche Kollaborationen mit Videokünstlern und Choreographen. Mit Konzerten, Installationen und szenischen Arbeiten war Heiner Goebbels 1982, 1987 und 1997 auf der documenta Kassel vertreten.
Heiner Goebbels war von 1999 bis 2018 Professor am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität in Gießen, das er von 2003 bis 2011 geleitet hat. Goebbels ist Mitglied der Akademie der Künste, der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste sowie der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz sowie der Bayerischen Akademie der schönen Künste, München. Von 2006 bis 2018 war Goebbels Präsident der Hessischen Theaterakademie, einem Verbund von mehreren Hochschulen und Theatern des Rhein-Main-Gebiets.
Heiner Goebbels wurde 2010 zum Intendanten und künstlerischen Leiter der Ruhrtriennale – International Festival of the Arts 2012–2014 berufen. Im Verlaufe dieses Dreijahresprogramms kuratierte, produzierte und präsentierte er neue Werke der Künstler Robert Wilson, Lemi Ponifasio, Douglas Gordon, Michal Rovner, Gregor Schneider, Ryoji Ikeda, Boris Charmatz, Mathilde Monnier, Anne Teresa de Keersmaeker, Tim Etchells, Rimini Protokoll und vielen anderen. Er inszenierte Europeras 1&2 von John Cage (2012), Delusion of the Fury von Harry Partch (2013) und De Materie von Louis Andriessen (2014).
Alfred Harth (* 28. September 1949 in Kronberg im Taunus als Alfred Harth) ist ein genreüberschreitender Musiker (Bassklarinette, Tenorsaxofon, Electronics), Komponist und Multimedia-Künstler.
Harth wuchs als Sohn des Frankfurter Kaufmanns Friedrich Harth und seiner Frau Käte (geb. von Zeletzki) auf; sein älterer Bruder ist der Literatur- und Kulturwissenschaftler Dietrich Harth. Nach Improvisationsunterricht bei Carlo Bohländer und Emil Mangelsdorff gründete Harth bereits in der Schulzeit ein Jazztett. Mit seinem Essay Über Synästhesie begann er 1967 seine kreativen Horizonte einer großen Vielfalt von künstlerischen Bereichen zu öffnen. In die frei improvisierende Gruppe Just Music (mit Thomas Cremer, Johannes Krämer, Thomas Stöwsand u. a.) bezog er klassische Streicher ein und begann zu komponieren. Im gleichen Jahr eröffnete er in Frankfurt am Main ein centrum freier cunst für improvisierte Live-Musik, Kunstausstellungen und Experimentalpoesie. Angeregt von Dada integrierte er 1968 beim Konzert im Action-Center München Alltagsgegenstände; im Stadttheater Bremerhaven bezog er sein Publikum mit ein, veranstaltete Happenings und andere Aktionen im öffentlichen Raum. Mit dem Ensemble Just Music hatte er einen ersten Fernsehauftritt in einem TV-Feature über Franz Mon.
In Frankfurt gründete Harth mit Heiner Goebbels das Duo Goebbels/Harth (1975–1988), das unter anderem durch seine Eisler- und Bachbearbeitungen bekannt wurde. Ein zweites Duo mit dem Schlagzeuger Uwe Schmitt wurde 1977 um den Bassisten Buschi Niebergall zum Trio erweitert. Von 1976 bis 1981 gehörte Harth mit Goebbels zum Kern des Sogenannten Linksradikalen Blasorchesters, einer Großformation, die Aktionen der Frankfurter Spontiszene musikalisch begleitete. Joachim-Ernst Berendt bezeichnete die zweite Goebbels/Harth-LP Vom Sprengen des Gartens (1979) als den wichtigsten deutschen Jazz-Tonträger der 1970er Jahre und produzierte mit Goebbels/Harth 1981 die Jazz & Lyrik-LP Zeit wird knapp mit Texten von Bertolt Brecht. Zur gleichen Zeit begann Harth, erweiterte Medien wie Tonband-Loops, Field Recordings und Objets Trouvés in seine Musik zu integrieren, komponierte seine erste Theatermusik zu Der Brotladen von Bertolt Brecht und stellte seine künstlerischen Arbeiten 1963–78 in Frankfurt aus.
Mit dem Ziel, Punk, Jazz und klassische Musik zusammenzuführen, initiierte Alfred Harth 1980 mithilfe seines Kontakts zu ECM/JAPO die LP Es herrscht Uhu im Land und engagierte hierfür H. Goebbels, Christoph Anders, Paul Lovens, Rolf Riehm und Annemarie Roelofs. Dieses Ziel wurde in der von Harth mitbegründeten Gruppe Cassiber weiterverfolgt (Konzertreisen in Europa und Brasilien, internationale Festivals), die Harth 1986 verließ. Nach gemeinsamer Komposition der Abrazzo-Oper mit H. Goebbels und R. Riehm u. a. gründete Harth 1982 das Nonett Reklame der Wirklichkeit mit u. a. Uwe Schmitt und Elvira Plenar. Die von Harth initiierte Projektgruppe Duck & Cover (mit Tom Cora, Chris Cutler, Fred Frith, Goebbels, Dagmar Krause und George Lewis) spielte 1983 auf dem Moers Festival und auf dem Jazzfest Berlin sowie 1986 in Ost-Berlin. Mit der Besetzung seiner ECM-Platte This Earth! (Paul Bley, Barre Phillips, Maggie Nicols und Trilok Gurtu; 1983) realisierte er 1987 eine Doris Lessing-Bearbeitung Bemerkungen über den Planet Shikasta unter sängerischer Verstärkung von Phil Minton." (Wikipedia)
Robert Schumann - Dichterliebe
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen